Damit gehört sie zu den modernsten strahlentherapeutischen Einrichtungen in Hessen. Bereits Anfang dieses Jahres wurde mit dem in der Region erstmalig eingesetzten Halcyon-Beschleuniger der erste der innovativen Linearbeschleuniger in Betrieb genommen. Jetzt komplettiert der so genannte True Beam-Beschleuniger das strahlentherapeutische Angebot am Klinikum Wetzlar.

„Die Einführung dieser beiden Linearbeschleuniger bedeutet für uns einen Meilenstein in der Krebsbehandlung und festigt unsere Position als eine der modernsten strahlentherapeutischen Einrichtungen in Hessen“, sagte Tobias Gottschalk, Geschäftsführer der Lahn-Dill-Kliniken (Sprecher). „Ich danke allen verantwortlichen Mitarbeitern für ihr außerordentliches Engagement“, so Gottschalk.  „Diese Investition unterstreicht einmal mehr, dass die Menschen im Lahn-Dill-Kreis die bestmögliche Versorgung auf technisch höchstem Niveau erhalten und darauf sind wir stolz“, ergänzte Landrat Wolfgang Schuster.  

Der True Beam-Beschleuniger verfügt in Ergänzung zum Halcyon-Beschleuniger über mehrere Energiestufen und Strahlenarten. In Kombination mit seiner hochauflösenden Online-Bildgebung zur exakten Positionierung der Bestrahlungsfelder können sämtliche derzeit in der Strahlentherapie angewandten Techniken inklusive aller Hochpräzisionstechniken abgebildet werden. „Dafür sorgt unter anderem ein hochpräziser Sechs-Achsen-Tisch, bei dem die Patientenposition nicht nur längs, seitlich und in der Höhe millimetergenau angepasst werden kann, sondern durch Kippung, Neigung und Rotation auch in den anderen drei Ebenen optimiert werden kann“, erklärt Dr. Wolfram Wannack, Chefarzt der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie. Diese Funktionalität sei besonders bei sogenannten stereotaktischen Bestrahlungen von entscheidender Bedeutung. „Bei solchen Verfahren werden sehr kleine Zielgebiete wie zum Beispiel winzige Hirnmetastasen mit extrem hohen Einzeldosen bestrahlt, um diese abzutöten und so unter bestimmten Umständen auf eine Operation verzichten zu können.“ 

Der neue Linearbeschleuniger ermöglicht die automatisierte stereotaktische Bestrahlung mehrerer Hirnmetastasen gleichzeitig (Hyper Arc-Technik), und zwar ohne die früher erforderliche Fixierung mittels eines operativ am Schädelknochen angebrachten Metallrings. Die Position des Patienten wird nun mit einer angenehmeren offenen Gesichts-Maske am Behandlungstisch stabilisiert und dann durch die schon vom Halcyon-Beschleuniger bekannten Infrarotkameras online überwacht.

„Dieses innovative Verfahren bietet für den Patienten den großen Vorteil, dass nicht jede Metastase einzeln über 30 bis 45 Minuten pro Sitzung bestrahlt werden muss, sondern zusammengefasst während einer Behandlung von zirka 30 Minuten alle Metastasen erfasst werden können. Durch die Stereotaxie kann insbesondere das gesunde Hirngewebe besser geschont werden bei gleichzeitig einer höheren Dosis am Tumorgewebe“, verdeutlichte der Chefarzt. 

Ein weiterer sehr positiver Nebeneffekt ist, dass auf die Einzeichnung der Bestrahlungsfelder auf der Haut des Patienten verzichtet werden kann. Durch eine Online-Überwachung der Körperoberfläche mittels spezieller Infrarotkameras an der Decke des Bestrahlungsraumes wird die markerlose Strahlentherapie ermöglicht. Zusätzlich ist es möglich, sämtliche Verfahren der atemgesteuerten Strahlentherapie anzuwenden, wie z. B. bei Bestrahlungen der linken Brust, um das Herz, das sich hinter der Brust befindet, zu schützen.

Ein umfangreiches Sicherheitspaket mit biometrischer Gesichtserkennung des Patienten im Bestrahlungsraum zur Verhinderung von Patientenverwechslungen, sowie eine Raumüberwachung zur Vermeidung von ungewollt anwesenden Mitarbeitern im Bestrahlungsraum, runden das Investitionspaket von insgesamt 5,4 Millionen Euro ab.

Der im Januar in Betrieb genommene Halcyon-Beschleuniger kann durch seine innovative Technik und kompakte Bauart vor allem den Patientenkomfort durch wesentlich kürzere Bestrahlungszeiten verbessern. Dies hat sich in der Umbauphase für den zweiten Beschleuniger von April bis August 2023 als äußerst wirksam erwiesen, da deutlich mehr Patienten bei kürzeren Bestrahlungszeiten behandelt werden konnten, was sowohl den Patienten als auch den Mitarbeitern zugutekam.

Der True Beam-Beschleuniger stellt mit seinen Zusatzfunktionen wie Atemsteuerung, Stereotaxie und Sechsachsentisch die perfekte Ergänzung zum Halcyon-Beschleuniger dar. 

Dr. Wannack erläuterte: „Wir sind nun in der glücklichen Lage, für die individuellen Bedürfnisse jedes Patienten das am besten geeignete Gerät auszuwählen, je nach medizinischer Notwendigkeit. Dies ermöglicht eine weitere Personalisierung der Therapie.“ Die bequeme, markerlose Strahlentherapie über die Infrarotüberwachung der Körperoberfläche während der Bestrahlung steht an beiden Geräten zur Verfügung und kommt jedem Patienten zugute.

„Was wir aber nicht vergessen dürfen: Auch noch so moderne Geräte können solche komplexen Behandlungen nicht alleine durchführen. Hierzu braucht es eine hohe Expertise, ein erfahrenes und eingespieltes interprofessionelles Team aus Ärzten, Medizin-Physikern, MTRAs, Pflegekräften und Arzthelferinnen sowie eine große Portion Empathie für unsere Patienten, die wir gerne durch ihre Therapie begleiten“, betonte der Chefarzt. 

 

Chefarzt Dr. Wolfram Wannack (4. von rechts) mit seinem Team sowie Tobias Gottschalk (6. von rechts) und Katja Streckbein (2. von links), Geschäftsführung der Lahn-Dill-Kliniken, bei der Vorstellung des neuen Linearbeschleunigers. Landrat Wolfgang Schuster (4. von links) ließ sich das innovative Gerät erläutern.
Chefarzt Dr. Wolfram Wannack (4. von rechts) mit seinem Team sowie Tobias Gottschalk (6. von rechts) und Katja Streckbein (2. von links), Geschäftsführung der Lahn-Dill-Kliniken, bei der Vorstellung des neuen Linearbeschleunigers. Landrat Wolfgang Schuster (4. von links) ließ sich das innovative Gerät erläutern.

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