Zu Beginn der Veranstaltung präsentierte Priv.-Doz. Dr. Frank Ulrich, Chefarzt der Klinik für Allgemeine, Viszerale und Onkologische Chirurgie, innovative, ganzheitliche Behandlungskonzepte für Patienten mit Darm- und Enddarmkrebs. Ein Schwerpunkt lag auf der präoperativen Ernährungsoptimierung bei Mangelernährung. „Da insbesondere ältere Patienten häufig von Mangelernährung betroffen sind, ist es wichtig, die Ernährung frühzeitig in das therapeutische Gesamtkonzept zu integrieren“, so der Chefarzt. Dies beginnt mit einer Untersuchung zur Erfassung des Ernährungszustands bei der Aufnahme sowie der Vermeidung langer Phasen ohne Nahrung. Eine frühestmögliche Wiederaufnahme der Nahrungszufuhr postoperativ unterstützt zudem die schnelle Erholung.

Ein weiteres Thema war die Prähabilitation, bei der Patienten vor der Operation gezielt ihre Kraft, Beweglichkeit und Ausdauer durch speziell angepasste Übungen und Bewegungstherapien verbessern. „Diese Maßnahmen tragen dazu bei, den Patienten optimal auf den Eingriff vorzubereiten und die postoperative Genesung zu beschleunigen“, erklärte Dr. Ulrich.

Auch die Vorteile der roboterassistierten Chirurgie mit dem da Vinci-System in der Viszeralchirurgie wurden ausführlich erörtert. Zu den Vorteilen zählen das schonende und präzise Arbeiten auch bei großen onkologischen Eingriffen, der geringere Schmerzmittelbedarf nach der Operation, die schnellere Mobilisation und ein kürzerer Krankenhausaufenthalt. Hierzu zeigte Dr. Ulrich Videos und Studien zu robotisch-assistierten Operationen bei Dick- und Enddarmkrebs sowie Leberteilentfernungen bei Metastasen, die neben den genannten Vorteilen auch weniger postoperative Komplikationen aufweisen. Bei Enddarmkrebs ist damit auch ein besserer Erhalt der Kontinenz- und Sexualfunktion möglich. Onkologische Operationen mit dem da Vinci-System führt er darüberhinaus auch bei Tumoren des Magens und der Bauchspeicheldrüse durch. 

Abschließend ging der Chefarzt auf das sogenannte ERAS-Konzept (Enhanced Recovery After Surgery) ein: „Dieses Programm zielt darauf ab, die postoperative Erholung zu beschleunigen. Bestandteile sind unter anderem die präoperative Kohlenhydrataufsättigung, stressreduzierende Narkoseverfahren, eine optimierte Schmerztherapie sowie die frühe Mobilisation und Nahrungszufuhr.“ Alle diese Maßnahmen führten zu einer Verkürzung des Klinikaufenthalts und einer Reduktion der Komplikationen sowie der Wiederaufnahmen.

Dr. Peter Stuzmann, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, erläuterte im Anschluss eindrucksvoll, wie das hochpräzise robotergestützte Verfahren bei verschiedenen gynäkologischen Erkrankungen – vom Endometriumkarzinom bis hin zu Endometriose, Myomen und der Senkung des Beckenbodens – eingesetzt werden kann. „Bei einem Endometriumkarzinom, einer bösartigen Erkrankung der Gebärmutterschleimhaut, können dank der minimalinvasiven Präzision des da Vinci-Systems sowohl Wächterlymphknotenverfahren als auch systematische Lymphknotenentfernungen im Becken- und Aorta-Bereich besonders schonend und exakt durchgeführt werden“, erklärte der Chefarzt. Dies ermögliche eine exakte Tumorentfernung, verbunden mit schnellerer Genesung und weniger Komplikationen. Auch bei Endometriose biete der OP-Roboter eine präzise und schonende Lösung, um Endometrioseherde zu entfernen, ohne umliegendes Gewebe zu schädigen.

Auch bei der Entfernung von Myomen wird das robotergestützte Verfahren eingesetzt, insbesondere wenn ein unerfüllter Kinderwunsch besteht: „Hier ermöglicht der OP-Roboter eine schonende Entfernung der Myome, wodurch die Gebärmutter weitgehend erhalten bleibt.“ Abgerundet wurde der Vortrag mit einem Einblick in die robotergestützte Behandlung der Senkung des Beckenbodens und Harninkontinenz. „Der da Vinci-Operationsroboter spielt eine Schlüsselrolle in der modernen Gynäkologie, indem er sichere und präzise Eingriffe mit einer verkürzten Erholungszeit ermöglicht“, so Dr. Stuzmann abschließend.

„In der urologischen Chirurgie hat sich der da Vinci-OP-Roboter mittlerweile als fortschrittliche Lösung etabliert und deckt eine Vielzahl von Eingriffen ab“, führte Dr. Victor Teodor Garlonta, Chefarzt der Klinik für Urologie, Kinderurologie und Urologische Onkologie, in seinem abschließenden Vortrag aus.

„In der Urologie erwarten wir bei Urologischen Tumorerkrankungen wie der Niere, der Blase und der Prostata in den nächsten Jahren eine Zunahme von etwa zehn Prozent“, so der Chefarzt. Gerade bei diesen Eingriffen an der Blase, wie etwa Blasenteilresektionen oder die Entfernung von Blasentumoren, an der Prostata, wie die Entfernung von Prostatakarzinomen sowie rekonstruktive Eingriffe bei angeborener Harnleiterverengung (Nierenbeckenabgangsenge) oder nach einer chirurgischen Therapie, seien optimal mit der da Vinci-Methode durchführbar. Die feinen Bewegungen der Roboterarme ermöglichten auch hier besonders schonende und effektive Operationen, was zu einer schnelleren Heilung führe. „Im Vergleich zu herkömmlichen offenen Operationen sind auch bei urologischen Operationen die Komplikationsraten niedriger, die Verweildauer kürzer und der Blutverlust geringer“, erklärte der Chefarzt.

Besonders beeindruckt waren die Besucher von Fotos und Video-Sequenzen bereits durchgeführter da Vinci-Operationen am Klinikum Wetzlar und den dazugehörigen Erklärungen und Erläuterungen der Chefärzte, die die moderne Technik besonders anschaulich machten. Im Anschluss erhielten alle Anwesenden die Möglichkeit, selbst mit praktischen Übungen das eigene Geschick an einem da Vinci-Simulator unter Beweis zu stellen.

Zusätzlich beantworteten die drei Gastgeber die vielen Fragen der Besucher. „Besonders gefreut haben wir uns darüber, dass auch aktuelle und ehemalige Patienten die Gelegenheit genutzt haben, sich noch intensiver mit dem da Vinci-System zu befassen und sich dabei sogar selbst an die Steuerkonsole gesetzt haben“, resümierten die drei Chefärzte.

Hintergrund zum Da Vinci-Operationssystem:

Mit dem High-Tech-Gerät können Patienten noch schonender operiert werden. Aktuell wird das System von den Ärzten der Allgemeinen, Viszeralen und Onkologischen Chirurgie, der Gynäkologie sowie der Urologie genutzt. Bei der Operation mit dem da Vinci-System sitzt der Chirurg an einer Steuerkonsole, abseits des Operationstisches. Über Bedienelemente für die Hände und mehrere Fußpedale steuert er die Roboterarme, an deren Enden sich frei bewegliche Instrumente befinden und die zuvor über kleinste Schnitte in den Körper eingebracht wurden. Neben einer hervorragenden dreidimensionalen Sicht über die Kamera des Systems haben die Instrumente einen größeren Bewegungsumfang als die menschliche Hand und erlauben dadurch auch in engen Körperhöhlen komplexe Operationsschritte. Bei den Eingriffen überträgt das System alle Bewegungen des Operateurs eins zu eins und dient dabei als hochpräziser verlängerter Arm des Chirurgen.

Gaben einen Einblick in das Operieren mit dem hochmodernen da Vinci-System (von links): Dr. Peter Stuzmann, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Privatdozent Dr. Frank Ulrich, Chefarzt der Klinik für Allgemeine, Viszerale und Onkologische Chirurgie und Dr. Victor Teodor Garlonta, Chefarzt der Klinik für Urologie, Kinderurologie und Urologische Onkologie.