Priv.-Doz. Dr. med. Erich Lotterer, Chefarzt der Medizinischen Klinik II, eröffnete das Seminar mit einem Vortrag über die Bedeutung der Vorsorge. „Konsequente Vorsorge kann Darmkrebs verhindern“, betonte Dr. Lotterer und erklärte: „Seit der Einführung des Programms zur Darmkrebsfrüherkennung im Jahr 2002 sind sowohl die jährliche Zahl der Neuerkrankungen als auch die altersstandardisierten Sterberaten signifikant gesunken.“ Dabei hob er die Wichtigkeit von Vorsorgeuntersuchungen wie dem Stuhltest und der Darmspiegelung (Koloskopie) hervor, bei der der gesamte Dick- und Enddarm gespiegelt und beurteilt wird. 

„Diese Methode bietet den Vorteil, dass auch nicht blutende Veränderungen erkannt werden können. Außerdem können frühzeitig entstehende Wucherungen (Polypen) und frühe Tumoren direkt behandelt werden“, erklärte der Chefarzt. „Nach einer unauffälligen Koloskopie ist in der Regel ein Kontrollintervall von zehn Jahren ausreichend. Im Gegensatz dazu muss der Stuhltest aufgrund seiner geringeren Sensitivität regelmäßig wiederholt werden“, so Dr. Lotterer. 

Im Anschluss erläuterte Dr. med. Wolfram Wannack, Chefarzt der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, die Rolle der Strahlentherapie bei Enddarmkrebs. „Mit viel Expertise, modernsten Geräten und Hochpräzisionstechniken können die Tumoren möglichst schonend für die Patienten vorbehandelt werden, damit sie anschließend besser operiert werden können“, erklärte Dr. Wannack. Sein Vortrag verdeutlichte wie gut verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zusammenwirken, um eine optimale Behandlung der Patienten zu ermöglichen. „Operation, Strahlentherapie, Chemotherapie und Immuntherapie werden dabei in genau abgestimmten Konzepten zum bestmöglichen Nutzen für den Patienten eingesetzt “, so Dr. Wannack. 

Priv.-Doz. Dr. med. Frank Ulrich, Chefarzt der Klinik für Allgemeine, Viszerale und Onkologische Chirurgie und Ärztlicher Leiter der Mittelhessischen Darmzentrums, stellte die aktuellen chirurgischen Therapiekonzepte bei Darm- und Enddarmkrebs vor. Da das Lebensalter der Darmkrebspatienten immer weiter steigt, sei eine ganzheitliche Betrachtung der Tumorerkrankung gemeinsam mit eventuell begleitenden gesundheitlichen Problemen essentiell. In Vorbereitung des Eingriffs wird beispielsweise bei Mangelernährung regelhaft eine Ernährungsberatung und -therapie zur Optimierung der körperlichen Reserven durchgeführt. „Operativ kommen robotisch-assistierte Schlüssellochtechniken zum Einsatz. Diese Methoden sind sehr präzise und entfernen gründlich das erkrankte Gewebe, dabei sind sie trotzdem schonend für unsere Patienten“, erläuterte Dr. Ulrich. „Postoperativ unterstützen spezielle Behandlungskonzepte eine schnelle Genesung der Patienten, was eine frühzeitige Entlassung ermöglicht“, so Dr. Ulrich. Diese so genannten ERAS-Behandlungskonzepte (ERAS = Enhanced Recovery After Surgery) umfassen eine Reihe von Maßnahmen während und nach der Operation, wie z.B. optimierte Schmerztherapie, frühzeitige Mobilisierung und angepasste Ernährung, um die Erholungszeit zu verkürzen und Komplikationen zu verringern.

Abschließend informierte Dr. med. Birgitta Killing, Chefärztin der Klinik für Hämatologie, Onkologie & Palliativmedizin, über die Wirksamkeit der Immuntherapie bei Darmkrebs. „Die medikamentöse Tumortherapie, sei es als Tabletten oder als Infusion, als klassische Chemotherapie oder mit zielgerichteten neuen Substanzen, ist unverzichtbarer Bestandteil moderner Therapiekonzepte bei Krebserkrankungen“, erklärte Dr. Killing. Sie hob hervor, dass zielgerichtete neue Substanzen oft in Kombination mit Operation oder Bestrahlung eingesetzt werden, um Tumore zu verkleinern und ein Wiederauftreten zu verhindern. „Auch bei Darmkrebs gibt es diese modernen Therapieformen“, so Dr. Killing. Im Einzelfall müsse jeweils genau geschaut werden, welche Therapie in der individuellen Situation die passende ist. Dahinter steht der Grundgedanke, dass die Krankheiten so unterschiedlich sind wie die Menschen. „Diese Unterschiede gilt es zu erkennen, um sie therapeutisch bestmöglich zu nutzen“, so Dr. Killing abschließend.

Über das Mittelhessische Darmzentrum Wetzlar:

Als Zusammenschluss von Fachdisziplinen der Lahn-Dill-Kliniken mit kooperierenden Fachärzten und weiteren Partnern liegt der Schwerpunkt des von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierten Darmkrebszentrums auf der Rundumbetreuung von Darmkrebspatienten.

Patienten mit bösartigen Erkrankungen des Dick- und Enddarms erhalten dort eine strikt an den aktuellen und evidenzbasierten Leitlinien der wissenschaftlichen Fachgesellschaften ausgerichtete Diagnostik und Behandlung. Es sichert damit eine Versorgung auf dem neuesten Stand des medizinischen Wissens und damit die beste derzeit verfügbare Behandlung.

Für jeden einzelnen Patienten erfolgt eine interdisziplinäre Fallbesprechung im Rahmen der Tumorkonferenz. Die Ergebnisse dieser Besprechung von Experten unterschiedlicher Fachrichtungen wird in Absprache mit dem Patienten konsequent umgesetzt.

Die Chefärzte zu Beginn der Veranstaltung (v.l.n.r.): Priv.-Doz. Dr. med. Erich Lotterer, Dr. med. Wolfram Wannack, Dr. med. Birgitta Killing und Priv.-Doz. Dr. med. Frank Ulrich